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COP9 - was hat sie gebracht?

Schlussbericht des Delegierten der Wissenschaft , Andreas Fischlin

Wetter und Klima (Symbolbild)
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Die soeben in Milano zu Ende gegangene neunte Conference of the Parties (COP9) mag auf den ersten Blick zwar unspektakulär erscheinen, doch sind dabei entscheidende Weichen für die Zukunft gestellt worden.
Erstens sind die letzten, wichtigen Lücken im Regelwerk zum Kyoto Protokoll geschlossen worden. Hierunter fällt insbesondere die Anrechenbarkeit von Aufforstungs- und Wieder-aufforstungsprojekten, sogenannte Senkenprojekten, im Rahmen des Clean Development Mechanisms (CDM), die in äusserst zähen Verhandlungen endlich geregelt werden konnte. Dabei gelang es, nicht zuletzt dank dem Einsatz der schweizerischen Delegation, die zentralen Fragen der Nicht-Permanenz, der ökologischen und sozio-ökonomischen «Qualität» derartiger Projekte, in vertretbarer Weise zu lösen. Damit stehen nun bis auf wenige Einzelheiten der Inkrafttretung des Kyoto Protokolls keinerlei offene Fragen mehr im Wege.
Ausstehend ist lediglich noch eine begrenzt bedeutsame Ausnahmeregelung für die sogenannt kleinen Senkenprojekte im CDM. Als kleine Senkenprojekte gelten nur solche, bei denen durchschnittlich weniger als 8 kt CO2 eingebunden wird. Je nach Sequestrierungspotential schwankt die Fläche eines derartigen Projektes stark, wobei man von einer Nenngrösse zwischen etwa 500 und 1'000 ha ausgehen kann. Die noch ausstehende Ausnahmeregelung ist vor allem für ärmere Entwicklungsländer von Interesse. Sie ist deshalb vielen afrikanischen und mittelamerikanischen Ländern ein wichtiges Anliegen.
Zweitens wurde an dieser Konferenz auch über die längerfristige Zukunft der Klimakonvention und ihrem Hauptziel, nämlich der Stabilisierung der Treibhausgas-Konzentrationen in der Atmosphäre auf einem ungefährlichen Niveau, verhandelt. Dabei geht es um die Frage, wie soll es nach der sog. ersten Verpflichtungsperiode, die von 2008 bis 2012 andauert, weitergehen? Das Kyoto Protokoll regelt ja in allen Einzelheiten lediglich die Reduktions-Verpflichtungen bis zum Ende dieser Periode. Für die Zeit danach lässt es aber einige wichtige Fragen offen. In der ersten Verpflichtungsperiode müssen die Emissionen der Industrieländer ja um insgesamt 5% gegenüber dem Stand des sog. Basisjahres, für die meisten Länder 1990, reduziert werden. So hat die Schweiz hierbei die Verpflichtung, ihre Emissionen gegenüber 1990 um 8 % zu reduzieren, wobei das im Unterschied zum CO2-Gesetz nicht bloss für CO2, sondern auch für alle nicht im Montrealer Protokoll erfassten Treibhausgase gilt. Dies sind die Treibhausgase Methan CH4, Lachgas od. Distickstoffoxid N2O, Schwefelhexafluorid SF6, sowie die Treibhausgasgruppen teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe HFCs und ganz- oder perfluorierte Kohlenstoffverbindungen PFCs. Alle diese Gase weisen übrigens eine weit stärkere Treibhauswirkung auf als das CO2. Sie sind deshalb jeweils in CO2-Äquivalenten gemäss ihrem GWP umzurechnen.
Im Zusammenhang mit der längerfristigen Zukunft des Klimaschutzes ist wiederum die Wissenschaft gefordert. Was werden uns bisherige weltweite Trends bringen? Hierbei wird nicht nur erwartet, dass Aussagen im Bereich des Klimas allein, sondern dass auch Aussagen über Klimafolgewirkungen auf die Kryo-, Hydro-, Bio- und Anthroposphäre gemacht werden. Ebenfalls sind Aussagen über sozio-ökonomische Weiterentwicklungen samt den Klimafolgewirkungen vonnöten, um die Diskussion über Stabilisierungsszenarien sinnvoll in Angriff nehmen zu können. Die Arbeiten am nächsten, vierten, Bericht des IPCC werden zurzeit eingeleitet. Es bleibt zu hoffen, dass die weltweit laufende Forschung auch zu diesen Fragen neue Resultate vorweisen kann, welche in den Bericht einfliessen können.
Andreas Fischlin, Milano

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